Bericht zum Spiel gegen Energie Cottbus, 28. April 2017

Am 28. April 2017 war am 31. Spieltag der Regionalligasaison 2016 / 2017 der FC Energie Cottbus zu Gast beim SV Babelsberg 03. Das Spiel begann auf Intervention der Polizei bereits um 18 Uhr und endete mit 2:1 aus Sicht von Nulldrei. Rund um den Spieltag war die Polizeipräsenz sehr hoch. Auch der Ordnungsdienst wurde aufgrund der Brisanz massiv erhöht. Insgesamt waren augenscheinlich alle Einheiten der Brandenburger Bereitschaftspolizei im Einsatz. Das heißt, es dürften mindestens 400 Beamt*innen vor Ort gewesen sein. Laut einer Erklärung des SVB wurden zusätzlich insgesamt circa 150 Ordner*innen inklusive 18 Ordner*innen des FCE eingesetzt.

Diese geballte Ordnungs- beziehungsweise Repressionsmacht konnte allerdings weder diskriminierende und neonazistische Gesänge sowie Banner noch einen Platzsturm und andere Gewalt durch Neonazis verhindern, die in erster Linie von einer circa 50-köpfigen Gruppe vermummter Hooligans der Gruppen Inferno Cottbus, Unbequeme Jugend und New Society Chemnitz ausging. Laut Informationen der Polizei kam es insgesamt zu repressiven Maßnahmen gegenüber 19 Personen. Fünf der laut Polizei Betroffenen sind Nulldrei-Fans. Wir haben aber mindestens zwei weitere Maßnahmen gezählt. Außerdem gehen wir davon aus, dass im Zuge der Auswertung der Photo- und Filmmaterialien weitere Fans betroffen sein werden.

Das sogenannte Brandenburg-Derby der zwei populärsten Vereine im Land warf schon früh seinen brisanten Schatten voraus. Erwähnenswert ist hierbei, dass in der Nacht vor dem Spiel am Freitagabend Nulldrei-Tags durch neonazistische und antisemitische Schriftzüge übersprüht wurden, die an die widerlichen Tags beim Hinspiel in Cottbus erinnerten. Am Spieltag selbst setzte die Polizei die Fan-Trennung durch massive Kräfte durch. Die Karl-Liebknecht-Straße wurde durch mehrere Halbgruppen der Bereitschaftspolizei überwacht und später für Gästefans vollständig gesperrt.

Im Stadion waren Beamt*innen im Bereich zwischen der Gegengeraden und dem O-Block, im Block G und F sowie später auch im Block L (Pufferblock) abgestellt. Eine erste Maßnahme gegen mindestens zwei Nulldrei-Fans fand während der ersten Hälfte in unmittelbarer Nähe der Toiletten statt. Beteiligt waren ungefähr vier Halbgruppen (1102, 1113), also circa 20 bis 25 Beamt*innen. Von den Betroffenen wurden Personalien aufgenommen.

Zum Platzsturm und den anderen Vorkommnissen während des Spiels möchten wir den zahlreichen Presseveröffentlichungen nichts weiter hinzufügen. Wir waren lediglich verwundert, dass die vom SVB hinzugebuchten Ordner*innen in unmittelbarer Nähe zum Gästeblock sowie die zahlreich anwesenden Polizeibeamt*innen auf den Platzsturm erst verzögert und dann relativ zurückhaltend reagiert haben. Völlig inakzeptabel ist auch, dass auf das Zeigen des Hitler-Grußes im Gästeblock sowie die neonazistischen und antisemitischen Gesänge durch Gästefans nicht reagiert wurde.

Nach dem Spiel sammelten sich die Beamt*innen in unmittelbarer Nähe zum Eingang in der Gegengeraden. Es war damit zu rechnen, dass zahlreiche repressive Maßnahmen geplant waren und Menschen in Gewahrsam genommen werden sollten. Statt die Fans den Derby-Sieg feiern zu lassen, wurde durch dieses Verhalten eine brisante Situation erzeugt, die taggenau elf Monate nach der „Schande von Luckenwalde“ böse Erinnerungen wachrief. Die Fans reagierten besonnen und liefen geschlossen, singend und feiernd zum Fanladen in der Karl-Gruhl-Straße.

Dieser Fanmarsch wurde von der Polizei durch mehrere Einheiten spalierlaufender Beamt*innen sowie mehrere mobile Kameras überwacht. Auch in der Karl-Gruhl-Straße stand ein Minibus der Brandenburger Polizei. Äußerst unpassend war außerdem, dass genau gegenüber des Fanladens mehrere Einheiten die Fans überwachten. Nach Intervention der Sozialarbeiter*innen wurden diese Einheiten abgezogen.

Lange nach dem Spiel kam es am Rathaus Babelsberg zu den von der Polizei in ihrer Statistik genannten repressiven Maßnahmen gegen fünf Nulldrei-Fans, gegen die Ermittlungsverfahren offenbar wegen vermeintlicher Vermummung eingeleitet werden. An dieser Maßnahme waren augenscheinlich dieselben Einheiten beteiligt, die auch im Stadion aktiv geworden waren. Uns wurde außerdem berichtet, dass Beamt*innen dieser Einheiten geradezu eine Eskalation wollten, offenbar um ihren Einsatz gegen die Babelsberg-Fans rechtfertigen zu können.

Insgesamt verlief der Spieltag aus Sicht der Babelsberg-Fans angespannt, aber relativ überschaubar. Wir haben mindestens sieben Betroffene von repressiven Maßnahmen gezählt. Wir gehen aber davon aus, wie bereits beschrieben, dass es im Zuge der Auswertung der Behörden bei den nächsten Spielen zu weiteren Maßnahmen beziehungsweise Ermittlungsverfahren kommen kann. Falls ihr betroffen wart oder seid, meldet euch beim Fanprojekt, beim Fanbeirat oder bei uns.