Vier Monate nach der Polizeigewalt in Luckenwalde
Am 28. Mai 2016, vor vier Monaten (!) wurden feiernde Fans des SV Babelsberg 03 von der Polizei Brandenburg angegriffen. Das Ergebnis war ein sogenannter Massenanfall von Verletzten (MANV), der von den Rettungskräften ausgerufen wurde. In nur wenigen Minuten sorgte die Polizei für mindestens 150 Verletzte, darunter 26 schwerverletzte Fans sowie eine hohe Dunkelziffer traumatisierter Menschen.
Mehr als zwei Wochen ist es her, dass nur03* zusammen mit dem Fanbeirat Babelsberg ein ausführliches Dossier sowie ein Video zur Dokumentation der exzessiven Polizeigewalt gegen Fans veröffentlicht hat. Die dokumentierte Polizeigewalt ist erschreckend. Zu sehen, wie Helfende verprügelt, wie ungekennzeichnete Polizisten Menschen bewusst und schwerste Verletzungen in Kauf nehmend Menschen schlagen, wie sie massenweise Reizgas versprühen. Diese Bilder sind einfach nur unerträglich.
Deshalb können wir, die wir in Luckenwalde dabei waren und jene, die noch ein Fünkchen emphatischen Menschenverstand im Leib haben, nicht vergessen. Wir wollen nicht vergessen. Und deshalb werden wir nicht schweigen. Wir nerven die Verantwortlichen weiter. Wir unterstützen jede Initiative, egal ob in der Kurve, im Kiez, auf den Straßen von Potsdam oder sonstwo, welche die exzessive Polizeigewalt von Luckenwalde thematisiert.
Denn wir sind wütend. Wir sind sehr wütend und werden mit jedem Tag, an dem nichts passiert wütender.
Seit vier Monaten ist nichts passiert. Selbst nach der Veröffentlichung des Dossiers und des zehntausendfach gesehenen Videos, ist nichts passiert. Die Fans werden fortgesetzt allein gelassen. Die breite Öffentlichkeit schweigt. Die Polizei hält weiterhin an ihren selbstausgedachten Zahlen fest. Die Politik tut nichts, obwohl offenbar bewusst Landesgesetze gebrochen wurden und die exzessive Gewalt vor allem von ungekennzeichneten Beamten ausging. Der Verband äußert sich nicht zu den Vorkommnissen, für die er mittelbar maßgeblich verantwortlich war. Die Vereine schweigen seit Monaten. Selbst der SVB hält es bis heute nicht für nötig, sich auf die Seite der Fans zu stellen.
Deshalb wollen wir, vier Monate nach der exzessiven Polizeigewalt beim Landespokalfinale in Luckenwalde, siebzehn Tage nach der Veröffentlichung des Dossiers und des Videos unsere Forderungen an die Verantwortlichen erneuern. Das endlich etwas passiert ist umso wichtiger, da am 7. Oktober 2016 der FSV 63 Luckenwalde ins Karl-Liebknecht-Stadion kommt und uns die Ereignisse schmerzlich in Erinnerung ruft. Aus diesem Grund möchten wir erneut veröffentlichen, was wir von den Beteiligten erwarten.
WIR FORDERN:
→ dass endlich die Ereignisse in Luckenwalde durch die Behörden, den Fußball-Landesverband Brandenburg und die Vereine umfassend aufgearbeitet werden und es Konsequenzen für die Einsatzleitung und die Gewalttäter in Uniform gibt.
→ eine Entschuldigung der Polizei bei den Betroffenen sowie die Überprüfung der unterstellten Motivation der Fans und der Zahl der Verletzten.
→ dass sich der Verein SV Babelsberg 03 offiziell in einer eigenen Erklärung hinter die eigenen Fans stellt, seine Unterstützung für die Betroffenen zum Ausdruck bringt und konkrete Hilfe zur Begleitung anbietet.
→ einen respektvollen Umgang mit den Fans, den Mitarbeitern des Fanprojekt Babelsberg und den Mitarbeitern vom Sicherheitsdienst.
→ die strikte Einhaltung der bestehenden Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte sowie die Veröffentlichung und Ahndung jeder Zuwiderhandlung.
→ dass, in großen Menschenmengen im Allgemeinen und im Stadion im Besonderen kein Reizgas eingesetzt wird.
→ die Einrichtung einer externen Vertrauensstelle für Beschwerden gegen polizeiliches Handeln, die mit umfassenden Befugnissen zur Aufarbeitung von Polizeigewalt ausgestattet ist.
NICHTS IST VERGESSEN!