Bericht zum Spiel beim FC Carl Zeiss, 22. März 2015
Am gestrigen Sonntag, den 22. März 2015, trat der SV Babelsberg 03 im Jenaer Ernst-Abbe-Sportfeld gegen den dort beheimateten FCCZ an. Das Spiel endete mit 1:1.
Die Anhänger*innen des SV Babelsberg 03 kamen zahlreich in den Gästeblock in Jena. Ein Teil der Fans reiste mit der Bahn an. Zum Zugtreffpunkt am Potsdamer Hauptbahnhof in den sonntäglichen Morgenstunden wurden sie von 2 Kleingruppen à 5 Personen der Bundespolizei in Vollausrüstung in Empfang genommen. Diese verblieben allerdings mit Abfahrt des Zuges auf dem Bahnsteig. Auf Hin- und Rückreise wurden die Fans von 7 vereinseigenen Ordner*innen sowie 2 fankundigen Beamt*innen (FKB) der Bundespolizei begleitet. An den Umsteigbahnhöfen in Magdeburg (4 plus Hund) und Halle (4) waren jeweils die dort ansässigen Bundespolizist*innen ohne Vollkörpermontur zugegen. Ab Weißenfels begleiteten aufgrund vermeintlich zu erwartender Fantrennung zusätzlich etwa 20 Beamt*innen der Pirnaer Einsatzhundertschaft der Bundespolizei (BP Pir 72..) den Tross. Gleiches war ebenfalls auf dem Rückweg zu beobachten, allerdings begleitete die Einheit lediglich bis Naumburg.
Die Fahrten ohne die Pirnaer Einheit verliefen ohne Vorkommnisse. Erst mit dem Zustieg dieser sowie nach dem Umstieg auf der Hinfahrt in Naumburg, wurde es merklich unangenehmer. Nicht das die Einheit durch provozierendes Verhalten aufgefallen wäre, was insbesondere in der letzten Saison bei Spielen in Jena und Zwickau seitens dieser Einheit zu beobachten war, aber ihnen war ab Naumburg daran gelegen, dass die Fans nur ein Abteil einnehmen. Der Zugang zu den anderen Abteilen wurde verwehrt. Dies hatte auch zur Folge, dass nur eine Toilette benutzt werden „durfte“. Ein Benutzen anderer Toiletten im Zug wurde durch die Bundespolizei strikt verwehrt. Ebenso ließen sie keinerlei Hinweise zur Überfüllung der einen Toilette zu. Sämtlichen Anfragen diesbezüglich erteilten die Einsatzkräfte eine Abfuhr. Auf Frage zur rechtlichen Grundlage wurde patzig und knapp mit den Worten „weil wir hier das Sagen haben“ geantwortet und bereits oben genannte vermeintliche Fantrennung angeführt. Glücklicherweise hielt sich die Einheit darüber hinaus aber zurück. Fraglich bleibt dennoch, inwiefern die bisher immer wieder erkennbare Unfreundlichkeit und Unnachgiebigkeit zu einer entspannten Stimmung und Deeskalation beiträgt. Auf der Rückfahrt konnte diesem Szenario lediglich durch den Defekt der einzig vorhandenen Toilette im Waggon entgangen werden, sodass ein Betreten und Benutzen der Toiletten in anderen Waggons möglich war.
Im Zusammenhang der Zugfahrten (hin und rück) wiesen uns Fans darauf hin, dass sie die prinzipielle Begleitung durch vereinseigene Ordner*innen im Gegensatz zu Bundespolizist*innen zwar befürworten, allerdings darum bitten, dass diese sich ebenfalls zurück zu halten haben und nicht inmitten der Fans gewünscht sind. Im konkreten Fall konnte mithilfe des Fanprojekts darauf eingewirkt werden.
Solltet ihr also Situationen beobachten, in denen gegen diese Absprache verstoßen wird, sagt dem Fanprojekt bitte, wie in diesem Fall geschehen, Bescheid.
Ebenso sollte der*die Zugbegleiter*in auf der Rückfahrt von Naumburg nach Halle erwähnt werden, der*die durch ihr*sein rigoroses und kompromissloses Auftreten beinahe einen zusätzlichen Polizeieinsatz in Leuna heraufbeschwor. In dem völlig überfüllten Zug weigerte er*sie sich, die in der 1. Klasse zur Verfügung stehenden Sitzplätze anzubieten. In ihren*seinen Augen war es wichtiger, dass der Waggon frei bleibt, wohingegen in den anderen selbst Familien mit Kindern auf dem Boden sitzen mussten. Erst durch das beruhigende Eingreifen des Fanprojektes und der Ordner*innen konnte die Situation deeskaliert werden und der Zug weiterfahren.
Bei der Ankunft in Potsdam Babelsberg-Medienstadt wartete ein Einsatzwagen mit 4 Polizist*innen auf die ankommenden Fans. Das Wieso, Weshalb, Warum bleibt offen. Ein unnützer Kurzeinsatz.
Am Bahnhof Jena Paradies übernahm die Landespolizeieinheit Thüringen die Aufsicht. Die Begleitung der nun zu Fuß zum Stadion gehenden Babelsberg-Fans erfolgte zurückhaltend. Zwei Einsatzfahrzeuge sowie ein Kamerawagen fuhren vor und hinter der Gruppe her, die auf dem Weg durch den Park lief. Auch das kurzfristige Abkürzen des Weges beunruhigte die Beamt*innen nicht. Der Fußweg zum Stadion verlief ebenso ohne Zwischenfälle. Gleiches lässt sich über den Rückweg sagen, bei welchem allerdings jeweils 3 Polizist*innen vor und hinter dem Tross liefen. Die Landespolizeieinheit agierte mit Augenmaß und Zurückhaltung. Beobachtend begleitet wurde diese Maßnahme von den FKBs und den SKBs aus Potsdam (4) sowie Jena (1).
Den Fans des Kreativkreises des FCCZ sowie den Verantwortlichen des Vereins sei an dieser Stelle ein Dank dafür ausgesprochen, dass sie die Aktion „Jetzt erst recht!“, bei welcher jede*r Stadionbesucher*in die Höhe des Eintrittspreises selbst festlegt, ausgerechnet gegen den SV Babelsberg 03 durchgeführt haben und die Aktion auch für den Gästeblock galt. Wir hoffen auch inständig, dass es sich gelohnt hat.
Wie bereits in den letzten Jahren gab es am Stadioneingang und innerhalb des Gästeblocks keinerlei Vorkommnisse. Der Ordnungsdienst war freundlich und zuvorkommend. Einschränkungen bezüglich der Fanutensilien gab es keine, die Versorgung war ausreichend (auch wenn zwischenzeitlich Bratwurst-Nachschub organisiert werden musste) und zum Teil auch vegetarisch. Absprachen funktionierten auf kurzem Weg.
Einzig die Toilettensituation im Gästeblock ist nach wie vor desolat. Zwei Dixis reichten zum einen bei in etwa 200 anwesenden Personen nicht aus, zum anderen sind sie von minderwertiger hygienischer Qualität. Hier hat der FC Carl Zeiss Jena noch erheblichen Nachholbedarf. So würde beispielsweise ein Toilettenwagen die Situation vor Ort entschärfen.
Wir möchten an dieser Stelle erneut darauf hinweisen, dass wir über Informationen rund um den Spieltag sehr dankbar sind. Teilt uns oder den Mitarbeiter*innen vom Fanprojekt Babelsberg mit, was ihr beobachtet habt oder ob ihr von Beamt*innen vor, während oder nach dem Spiel angesprochen wurdet. Da wir davon ausgehen, dass die Babelsberger Fanszene umfassend auch vom Verfassungsschutz überwacht wird, möchten wir Euch bitten: Falls ihr von Beamt*innen abgefangen und angesprochen wurdet, sucht in jedem Fall das Gespräch mit Freund*innen, vertrauten Babelsberg-Fans, dem Fanprojekt oder mit uns! Diese einschüchternden und für die Betroffenen beängstigenden Versuche, Kontakt vor allem zu jungen Fans aufzunehmen, sollten nicht unterschätzt werden.